Montag, 2. Dezember 2019

Chemotherapie - Meine Nebenwirkungen oder, wie ich fast eine eigene Apotheke eröffnet hätte

Hallo zusammen, 

heute geht es um ein großes Thema, nämlich die Nebenwirkungen der Chemotherapie. 

Die Chemotherapie ist ein sehr wirksames Mittel im Kampf gegen den Krebs. Gleichzeitig sorgt sie aber auch dafür, dass man sich plötzlich sehr krank fühlt. Das führt im Kopf auch erstmal zu Verwirrung. Das, was einen eigentlich gesund machen soll, macht einen erst richtig krank. Wie kann das sein?! 

Nun, bei den Zytostatika, die im Rahmen der Chemotherapie verabreicht werden, handelt es sich um Medikamente, die die Zellteilung hemmen. Je schneller das Zellwachstum vor sich geht, desto besser wirkt die Chemo. Wir erinnern uns, mein Tumor wächst schnell und soll deshalb besonders gut auf die Chemo ansprechen. 
Die Zytostatika können aber nicht zwischen den schnell wachsenden Krebszellen und den gesunden Zellen, die sich ebenfalls schnell teilen, unterscheiden (z.B. Haarwurzelzellen, Schleimhäute, Zellen im Magen-Darm-Trakt) und schädigen diese daher ebenfalls. So kommt es zu einem bunten Potpourri aus Nebenwirkungen. 

Im Folgenden möchte ich Euch einmal meine Nebenwirkungen schildern. Und ich muss gleich deutlich dazu sagen, es sind meine Nebenwirkungen. Jede Chemotherapie ist anders und jeder Körper reagiert anders. Chemo läuft tatsächlich unter dem Motto „Alles kann, nichts muss“. Nur weil ich diese Nebenwirkungen hatte (und teilweise noch habe) bedeutet das nicht, dass es bei anderen genauso sein muss. 

Das Gute ist, dass es gegen fast jede Nebenwirkung Medikamente gibt. Das führt dazu, dass man sehr schnell eine beachtliche Menge an Tabletten, Salben und Tropfen ansammelt. Teilweise haben diese dann aber auch wieder eigene Nebenwirkungen. Wie die Tabletten gegen Übelkeit zum Beispiel. Diese sorgen nämlich für Verstopfung. Aber immer schön der Reihe nach. 


Das sind nur die Tabletten, die ich während meiner Chemotherapie genommen habe

Beginnen wir mit dem Offensichtlichsten, nämlich dem Haarausfall. 
14 Tage nach meiner ersten Chemo haben meine Kopfhaare angefangen, sich zu verabschieden. Für mich war das ein Zeichen, dass die Chemo wirkt und ich habe meinen Haaren keine einzige Träne nachgeweint. Der Göttergatte und ich haben sie dann auch zeitnah abrasiert, weil ich die Büschel nicht überall herumliegen haben wollte. 
Augenbrauen und Wimpern sind nicht komplett ausgefallen, die wurden nur etwas lichter. 

Vom Onkologen bekommt man übrigens ein Rezept für eine Perücke. Ich habe mich allerdings von Anfang an gegen einen Haarersatz entschieden. Ich hatte auch vorher schon kurze Haare und es gibt so viele coole Mützen und Tücher. Da erschien es mir unlogisch, Geld für eine Perücke auszugeben, die ich vielleicht nie tragen würde. 

Es ist schon merkwürdig, dann plötzlich in ein blasses und konturenlos Gesicht zu blicken. Der Haarverlust war überhaupt nicht schlimm für mich. Aber die fahle Gesichtsfarbe und die dunklen Augenringe führten dazu, dass ich nicht mehr gerne in den Spiegel schaute. 

Die Nasenhaare waren auch ziemlich schnell weg und so hatte ich mit einer ständig laufenden Nase zu tun, die auch des öfteren zu Nasenbluten neigt/e. 
An den Beinen, unter den Achseln und im Intimbereich sind mir die Haare ebenfalls ausgegangen. Auf den Unterarmen hat sich im Gegensatz dazu gar nichts verändert. 

Zudem hatte ich mitten in der Chemo auch eine bakterielle Infektion in der Nase, das war auch nicht gerade toll. Meine Nase und ich standen eine Zeit lang richtig auf Kriegsfuß. 

Bleiben wir im Gesicht, denn ich habe noch eingerissene Mundwinkel, schmerzhafte Bläschen auf der Zunge und Zahnfleischbluten im Angebot. Gegen letzteres hat der Wechsel zu einer Kinderzahnbürste und ganz milder Zahnpasta geholfen. 


Gegen Zahnfleischbluten sehr zu empfehlen
Für wirklich alle geschädigten Schleimhäute


Meine Haut hat sich auch sehr verändert. Nach der ersten Chemo hatte ich im Gesicht und am Rücken so viele Pickel. Das war schlimmer, als in der Pubertät. Im zweiten Zyklus hat sich das dann schon wieder gelegt und glücklicherweise sind die Pickel auch nicht wiedergekommen. 
Außerdem war meine Haut am ganzen Körper plötzlich sehr trocken. Das ist sie auch jetzt noch und ich kann kaum dagegen ancremen. 

Mein Geschmackssinn hat sich unter der Chemotherapie stark verändert. Von einem Tag auf den anderen konnte ich keinen Kaffee mehr trinken, Speisen waren mir oft viel zu stark gewürzt und ich hatte ständig einen metallischen Geschmack im Mund. Das Lutschen von Bonbons half dagegen nur kurzzeitig. 
Was mir schmeckte und was nicht wechselte auch sehr schnell. Konnte ich in der einen Woche zum Beispiel noch gut Kartoffelpüree essen, kam es mir in der nächsten Woche nur beim Ansehen schon fast wieder hoch. Ähnlich war es mit Getränken. Mal konnte ich Wasser mit Kohlensäure gut trinken, mal musste es stilles Wasser sein. Manchmal habe ich auch gar kein Wasser runter bekommen und bin auf Säfte und Saftschorlen umgestiegen. 

Appetitlosigkeit und Heißhunger haben sich bei mir abgewechselt. Unterm Strich habe ich durch die Chemo aber an Gewicht verloren und das verlorene Gewicht auch bis heute noch nicht wieder komplett aufgeholt. 
Das in Kombination mit Übelkeit und Erbrechen hat dazu geführt, dass ich oft schlapp war. An manchen Tagen habe ich mich wirklich kaum vom Sofa bewegt. Und hin und wieder musste mir der Göttergatte beim Duschen helfen. 

Mit der Verdauung hatte ich ebenfalls Probleme und zwar insbesondere mit Verstopfung. Dadurch entstand eine Analfissur, die sehr schmerzhaft war, sich aber zum Glück mit Salben gut behandeln ließ. Aber es ist kein Spaß, mit Angst auf die Toilette zu gehen, weil man weiß, welche Schmerzen auf einen warten. 


Rektalsalbe... sagt alles, oder?


Die Schleimhäute im Intimbereich waren ebenfalls stark geschädigt. Weiches Toilettenpapier fühlte sich jetzt an wie Schmirgelpapier. Auch hierfür hatte ich eine entsprechende Salbe, die aber nur bedingt geholfen hat. 


Wichtig bei hormonellem Brustkrebs:
Immer darauf achten, dass die Cremes hormonfrei sind


Die Schlafstörungen aus meinem ersten Chemo-Zyklus sind so extrem zum Glück nicht wieder gekommen. Zu dieser Zeit hatte ich Schlaftabletten, die mir gut geholfen haben. Das Absetzen hat zum Glück ohne Probleme geklappt. 
Ich hatte hin und wieder eine Nacht, in der ich nicht gut geschlafen habe. Gegen Ende der Chemo war ich aber so groggy, dass ich den Großteil mancher Tage im Bett verbracht habe. 

Auch haben mich in der Nacht immer wieder Hitzeschübe überfallen. Plötzlich war mir so heiß, dass ich Mütze, Socken und Bettdecke gar nicht schnell genug los werden konnte. Und keine zwei Minuten später musste ich wieder alles anlegen, weil mir kalt war. 

Alles in allem habe ich bei den Nebenwirkungen also gut zugelangt. Die Zeit der Chemotherapie war für alle Beteiligten sehr hart. Ich war teilweise auch sehr dünnhäutig und habe es dem Göttergatten oder meinen Eltern nicht immer leicht gemacht. 

Aber man kommt da durch und wenn man es einfach annimmt, wird es auch leichter. Zumindest war es bei mir so. Ich hatte zu Beginn der Chemotherapie den Anspruch an mich, das alles locker wegzustecken. Ich war sehr wütend auf meinen Körper, dass er plötzlich so schwach war und es hat mich wahnsinnig gemacht, dass ich jetzt nicht mehr so leistungsfähig war. Und es hat mich tierisch angepisst, dass ich komplett fremdbestimmt wurde. 

Das hat es aber kein Stück besser gemacht, sondern schlimmer. 
Und so habe ich es mit einer neuen Taktik versucht. Habe meinem Körper Ruhe gegönnt, wenn er danach verlangt hat. War nicht mehr böse, wenn ich etwas nicht machen konnte, sondern habe mir gesagt, dass aufgeschoben nicht aufgehoben ist. Und habe mir viele tolle Dinge für die Zeit nach der Akuttherapie vorgenommen. Und dadurch wurde es tatsächlich leichter und ich habe irgendwie sechs Chemozyklen hinter mich gebracht. Mit großartiger Unterstützung von meiner Familie, Freunden, Arbeitskollegen und Bekannten. 

Dabei geholfen hat auch der Austausch mit anderen Betroffenen. Aber darüber erzähle ich Euch ein anderes Mal mehr. 

Bis bald, Eure Kati 

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